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Zealandia - Achter Kontinent der Erde

Updated: Nov 10, 2020

Die Erdoberfläche ist in zwei Arten von Krusten unterteilt, kontinentale und ozeanische, sowie vierzehn große tektonische Platten. In Kombination schaffen diese Unterteilungen einen beschreibenden Rahmen, um die Geschichte und Prozesse der Erde zu verstehen und auch künftig zu untersuchen. In den letzten fünfzig Jahren wurden phänomenale Fortschritte bei der Messung und Modellierung von Plattentektonik in verschiedenen Maßstäben erzielt. Gleichzeitig wurde unser Verständnis von Kontinentalrissen, Grenzen zwischen Kontinenten und Ozeanen sowie mikrokontinentalen Fragmenten vorangetrieben, welche während der Trennung von Superkontinenten in den Ozeanbecken strandeten. Doch was ist mit den Hauptkontinenten unseres Planeten? Diese sind mit Abstand die größten zusammenhängenden Objekte der Erde und so scheinen fundamentale Denkweisen nur schwer veränderlich.


Auch eine 4,9 Millionen km² große Region im Südwesten des Pazifischen Ozeans besteht aus genau solcher kontinentaler Kruste. Die Region hat eine erhöhte Bathymetrie im Vergleich zur umgebenden ozeanischen Kruste, eine Vielzahl silikareicher Gesteine und eine relativ dicke Krustenstruktur mit niedriger Geschwindigkeit. Ihre Isolation vom Kontinent Australien und anderen umliegenden Gebieten unterstützt ihre Definition als Kontinent - Zealandia oder auch Te Riu-a-Māui auf Te Reo Māori. Zealandia war früher ein Teil des Superkontinents Gondwana. Inzwischen liegt dieser jedoch zu rund 94 % unterhalb des Meeresspiegels - hauptsächlich aufgrund der weit verbreiteten Ausdünnung vor dem Aufbrechen des Superkontinents in der späten Kreidezeit und dem daraus resultierenden isostatischen Gleichgewicht. Nur die großen und kleinen Inseln Neuseelands sowie Neukaledonien, Lord Howe und Norfolk Island ragen aus dem Wasser. Die Identifizierung von Zealandia als geologischer Kontinent und nicht als einfache Ansammlung kontinentaler Inseln, Fragmente und Scheiben repräsentiert vor allem die Geologie dieses Teils der Erde genauer. Zealandia bietet einen neuen Kontext, in dem Prozesse der Kontinentalrissbildung, -verdünnung und -aufspaltung untersucht werden können.


Das sogenannte Glossary of Geology definiert einen Kontinent als "eine der wichtigsten Landmassen der Erde, einschließlich Trockenland und Festlandsockel". In der Wissenschaft besteht allgemeine Einigkeit darüber, dass Kontinente alle folgenden Eigenschaften aufweisen: (1) eine hohe Erhebung im Verhältnis zu Regionen, die von ozeanischer Kruste bedeckt sind; (2) ein breites Spektrum von siliciumhaltigen magmatischen, metamorphen und sedimentären Gesteinen; (3) dickere Kruste und Struktur mit geringer seismischer Geschwindigkeit als ozeanische Krustenregionen und (4) genau definierte Grenzen eines Gebiets, das groß genug ist, um als Kontinent und nicht als Mikrokontinent bzw. Kontinentalfragment betrachtet zu werden. Nach Jahrzehnten der wissenschaftlichen Kontroverse kam 2017 ein Team von elf Geologen aus Neuseeland, Australien und Neukaledonien auf den Schluss, dass Zealandia sämtliche Anforderungen erfüllt, um als - weitreichend unterhalb der Meeresoberfläche liegender - Kontinent und eben nicht nur als Mikrokontinent, wie Indien oder Madagaskar, zu gelten.


Der Fall "Zealandia" beweist also, dass manchmal auch das Große und Offensichtliche in der Naturwissenschaft übersehen werden kann. Satellitenaufnahmen und geologische Expeditionen im Pazifik haben maßgeblich zur Förderung des Gesamtbildes beigetragen, welches zur Definition und Anerkennung Zealandias erforderlich war. Es obliegt nun uns allen, den festgefahrenen Glauben an sechs bzw. sieben Kontinente - Eur(opa,)Asien, Afrika, Nordamerika, Südamerika, Antarktika und Australien - um einen achten zu erweitern und dies hoffentlich auch bald in Schulen und Universitäten weltweit zu lehren.



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